Adventkalender – Tag 4
Zerlegt man das Wort Mitmenschlichkeit entsteht: Mit-Mensch-lich-keit. Es impliziert, mit den Menschen zu interagieren und stellt die soziale Gemeinschaft, mit all ihren Rechten und Pflichten, in den Mittelpunkt. Das Ziel ist, friedlichen, gütigen und kultivierten Umgang miteinander zu pflegen.
Mitmenschlichkeit wird von Werten und menschlichen Bedürfnissen wie: Mitgefühl, Nächstenliebe, Güte, Toleranz, Achtsamkeit, Freundlichkeit, Wohlwollen, Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme, Dankbarkeit, Transparenz, Treue, Unabhängigkeit, Verantwortung, Verbundenheit, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen, Weisheit, Wertschätzung, Respekt, Würde, Frieden, Freiheit, Wissen, Wohlstand, Mut, Zivilcourage, Zufriedenheit, Zugehörigkeit, Zuverlässigkeit, Solidarität, Sicherheit und vielen anderen mehr getragen.
Herder stellte fest, dass Menschlichkeit nur teilweise angeboren ist und nach der Geburt erst ausgebildet werden muss. Das bedeutet, dass Mitmenschlichkeit durch Sozialisationsprozesse wie Erziehung, Erleben von Mitmenschlichkeit an sich selbst und von den Vorbildern an anderen Menschen vorgelebt, gebildet wird. Erziehungsberechtigte, Eltern, Großeltern, Verwandte, Pädagogen und Pädagoginnen haben somit eine Vorbildfunktion. Wie verhalten sich Mama und Papa innerhalb der Familie und nach außen, was sagt die Lehrerin in der Schule, wie werden die Kindergarten- und SchulkollegInnen von den Erwachsenen behandelt? Das alles sind prägende Erlebnisse, die dem Kind das Bild von Mitmenschlichkeit (Humanität) vorzeichnen und das es dann übernimmt. Gibt es keine positiven Vorbilder, bleibt nur die Hoffnung, dass der angeborene Teil der Menschlichkeit zu tragen kommt, Menschen die Tragweite erkennen und ihr Handeln verändern wollen.
Menschlichkeit (Humanität) ist die Grundlage der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts. In den Verfassungen der demokratischen Staaten ist die Humanität in den Gesetzen fest verankert und es besteht eine Rechtspflicht zur Hilfeleistung. Eine unterlassene Hilfeleistung ist nicht nur ein moralischer Verstoß gegen die Menschlichkeit sondern auch ein gesetzlich festgeschriebener Straftatbestand.
Am 10. Dezember 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte veröffentlicht. Darin ist festgelegt, dass alle Unterzeichnerstaaten rechtlich dazu verpflichtet sind, die Einhaltung der Menschenrechte auf ihrem Staatsgebiet zu garantieren.
Humanismus versteht sich allerdings nicht als Wertekonstrukt für Selbstgerechtigkeit und Ideologie. Er meint nicht, dass andere Kulturen missioniert werden müssen und man ihnen erst Menschlichkeit beibringen solle, wie es beispielsweise im Nationalsozialismus der Fall war. In dieser Zeit wurde auf Menschlichkeit und Nächstenliebe kein Wert gelegt. Heute machen sich solche Bestrebungen von rechtsradikalen Gruppierungen wieder breit. Und es gibt wieder Menschen, die beim Verurteilen, Bewerten, Ausgrenzen und Gewaltanwendung an als Feinde definierten Gruppen mitspielen.
Wir leben in einer krisengeschüttelten Zeit. Viele Menschen sind durch Krieg, Unruhen, politischer oder religiöser Verfolgung, ihrer geschlechtlichen Identität oder Hungersnot gezwungen, ihre Heimat unter Lebensgefahr zu verlassen. Sie sind in anderen Staaten unerwünscht und werden in Lager gesteckt, wo sie keine Menschenrechte mehr haben.
Ein Geschichtelehrer hat im Unterricht gesagt, die Geschichte der Menschheit verhält sich wie das Pendel einer Pendeluhr. Sie schlägt immer von einem Extrem in das andere Extrem um und das ist nicht aufzuhalten. Die Ursache dafür sieht er darin, dass der Großteil der Menschen noch nie selbst so eine Not erlebt hat. Dadurch ist es ihnen nicht möglich sich einzufühlen und sich diese Not vorzustellen. Propaganda in den Medien, die suggeriert, dass der Wohlstand untergehen würde, wenn man bedürftigen Menschen hilft, tun das Ihre. Der politische Diskurs, wie er jetzt in der Pandemie geführt wird verursacht Angst, Unsicherheit, Widerstand und nährt den Boden für Aggression und Gewalt. Abstruse Argumente, die an die auch an die Nazizeit erinnern werden gepflegt. „Und täglich grüßt das Murmeltier!“